Breitbandausbau in der Gemeinde Drochtersen – Mögliche Kooperation mit der Deutsche Glasfaser Business GmbH


Daten angezeigt aus Sitzung:  11/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Personal, 04.06.2019

Beratungsreihenfolge

Sachverhalt

Mit der Vorlage zum Tagesordnungspunkt „Breitbandausbau-Sachstandsbericht“ der Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Personal am 12. März wurde seitens der Verwaltung darauf hingewiesen, dass man sich im Austausch mit dem Unternehmen Deutsche Glasfaser Business GmbH hinsichtlich eines möglichen Tätigwerdens im Gemeindegebiet befindet. Diese Information wurde im Rahmen der Ausschusssitzung aufgenommen und ergebnisoffen thematisiert.

Die Markterkundung seitens des Unternehmens sowie grundsätzliche Klärungen zwischen dem Unternehmen und der Verwaltung, insbesondere zu einer beabsichtigten mindertiefen Verlegung der Glasfaserkabel, sind erfolgt, so dass im Rahmen der Ausschusssitzung über eine mögliche Kooperation mit der Deutsche Glasfaser Business GmbH informiert werden soll. Das mögliche Engagement würde eigenwirtschaftlich und neben den bestehenden Förderverfahren erfolgen.

In der Sitzung wird ein Vertreter des Unternehmens zugegen sein, um über den aktuellen Stand, mögliche Ausbaugebiete, die Vorstellungen des Unternehmens und die Abläufe bei einer Kooperation zu informieren. Der für eine Kooperation notwendige Vertrag wird im Rahmen der Sitzung durch den Unternehmensvertreter vorgestellt. Sollte eine Kooperation zwischen Gemeinde und dem Unternehmen empfohlen werden, wäre über den Vertrag in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 12. Juni zu beschließen.

Beschlussempfehlung

Der Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Personal empfiehlt dem Verwaltungsausschuss zu beschließen, eine Kooperationsvereinbarung mit dem Ziel des eigenwirtschaftlichen Breitbandausbaus mit der Deutsche Glasfaser Business GmbH abzuschließen.

Diskussionsverlauf

Zu diesem Tagesordnungspunkt übernimmt Herr Braetsch von der Firma Deutsche Glasfaser das Wort und erklärt das Vorhaben. In einer Kooperation mit der Gemeinde Drochtersen sollen bestimmte Bereiche des Gemeindegebiets mit reiner Glasfasertechnik bis zur Haustür ausgestattet werden.
Einleitend erklärt er hierzu, dass das Projekt in der SG Lühe bereits begonnen wurde und man sich dort in der vierten und letzten Projektphase befindet. In der Gemeinde Drochtersen befindet man sich derzeit in der 2. Projektphase.
Die erste Phase besteht aus der Analyse der Realisierbarkeit des Netzausbaus anhand regionaler Gegebenheiten. Hier wurde seitens der Deutschen Glasfaser ein Ausbaugebiet (auch: Polygon) ermittelt, welches sich quer durch die Gemeinde Drochtersen entlang der L111 zieht (Barnkrug, Assel, Ritsch, Drochtersen, Nindorf, Dornbusch). Das Ausbaugebiet / Polygon betrifft auch sämtliche Gemeindestraßen, die von der L111 aus erreichbar sind. Die Ortschaften Krautsand, Hüll oder auch die Moorgebiete wären hiervon zunächst nicht betroffen, da sie von der Deutschen Glasfaser nicht wirtschaftlich erschlossen werden können.
In der zweiten Phase wird eine mögliche Kooperation zwischen der Gemeinde und der Deutschen Glasfaser abgestimmt und vereinbart. Die Deutsche Glasfaser möchte in der Regel für das vorher klar definierte Ausbaugebiet / Polygon die Nutzungsrechte für eine Laufzeit von 30 Jahren, angelehnt an die Abschreibungsdauer der Glasfaserleitungen. Für die Gemeinde entstehen im Gegenzug keine Kosten für den Ausbau des Netzes. Die Finanzierung findet ausschließlich privatrechtlich statt. Die Nutzungsrechte beziehen sich darauf, dass die Deutsche Glasfaser in Abstimmung mit der Gemeinde innerhalb des Polygons berechtigt ist, unter den öffentlichen Gehwegen oder im Seitenstreifen, in Ausnahmefällen auch in der Straße, mindertiefe Glasfaserleitungen zu verlegen. Der Vorteil ist, dass diese Leitungen bis zum Hausanschluss verlegt werden, so dass keinerlei Leistungseinbußen entstehen, wie es bei der herkömmlichen Breitbandanbindung mit den Kupferleitungen bis zum Haus regelmäßig der Fall ist. Dadurch sind Anbindungen von 1.000 Mbit/s möglich. Allerdings können die Hausrouter oftmals diese Leistung nicht weitergeben. Derzeit werden vermehrt Verträge mit 200 Mbit/s geschlossen.
Eine Schwierigkeit könnte noch sein, dass derzeit die Stadt Stade kein großes Interesse an einer Kooperation zeigt. Zwischen den in Bau befindlichen Leitungen der SG Lühe und einer möglichen Kooperation mit der Gemeinde Drochtersen liegen Gebiete der Stadt Stade, für die für eine Verbindung zwischen den beiden geplanten Gebieten (Lühe / Drochtersen) eine Kooperation mit der Stadt Stade zwingend notwendig ist. Kommt diese nicht zustande, wäre auch eine Kooperation mit der Gemeinde Drochtersen vorerst gescheitert. Seitens der Verwaltung wird von Herrn Eckhoff zugesagt, dass Gespräche mit der Stadt Stade mit der Empfehlung einer Kooperation geplant sind.
Um den Ausbau letztendlich wirtschaftlich betrieben zu können, ist es zudem erforderlich, dass rund 40 % der Haushalte innerhalb des Polygons Verträge mit der Deutschen Glasfaser abschließen. Wird diese Quote nicht erreicht, würde das Projekt ebenfalls scheitern. Diese Nachfragebündelung stellt gleichzeitig die dritte Phase dar, in der das Projekt beworben wird, Bürgerinformationsabende stattfinden und ein Team der Deutschen Glasfaser von Tür zu Tür geht, um für die Deutsche Glasfaser als Kooperationspartner der Gemeinde zu werben und Vorverträge abzuschließen. So soll die Mindestzahl von Verträgen für einen wirtschaftlichen Ausbau erzielt werden.
Sollte es zu der vierten Phase kommen, findet dann die Planung, Projektierung und der Ausbau statt. All das immer in Absprache mit der Gemeinde um minimale Beeinträchtigungen beim Ausbau zu erzielen.
Voraussetzung für eine Zusammenarbeit ist seitens der Deutschen Glasfaser ein Kooperationsvertrag mit der Gemeinde, der im Wesentlichen folgende Regelungen enthält:
-        Nutzungsrecht im gesamten Gemeindegebiet
-        Klare Definition der Ausbaugebiete (Polygone) – diese können nachträglich ergänzt / erweitert werden, wenn beispielsweise Neubaugebiete geplant werden.
-        Laufzeit: 30 Jahre
-        Keine Finanzielle Beteiligung durch die Gemeinde
-        Grundlage ist der wirtschaftliche Ausbau (mind. 40 % der Haushalte im Polygon, sonst kein Ausbau).
Im Anschluss an den Vortrag steht Herr Braetsch für Fragen und Antworten zu Verfügung (einige Antworten wurden in den vorigen Absätzen bereits berücksichtigt).
Auf Nachfrage des Ausschussmitgliedes Kai Schildt, mit welchem zeitlichen Rahmen eine Umsetzung des Projektes erfolgt, teilt Herr Braetsch mit, dass unter der Voraussetzung einer Kooperation mit der Stadt Stade innerhalb von 15 Monaten bis maximal 2 Jahren das Ausbaugebiet fertig erschlossen wird. 3 Monate dauert ca. die Bewerbung von Vorverträgen, um die Mindestquote zu erreichen (von Tür zu Tür). Weitere 2-3 Monate werden für den Bauantrag incl. deren Genehmigung benötigt. Die Bauphase selbst dauert ca. 6 Monate, wobei die Baukapazitäten insbesondere im Tiefbau derzeit sehr knapp sind. Daher wurde der Zeitrahmen mit bis zu 2 Jahren vorsichtig angesetzt.
Das Ausschussmitglied Martin Bremert möchte im Falle einer Insolvenz der Firma Deutsche Glasfaser wissen, welche Folgen für die Gemeinde eintreten würden. Herr Braetsch teilt dazu mit, dass die Leitungen vorhanden wären und auch bleiben würden. Es würde eine Versteigerung des Vermögens an einen anderen Anbieter erfolgen. Für die Gemeinde und ihre Bürger entstehen dadurch keine Nachteile, sodass Bedenken in diese Richtung unbegründet sind.
Rolf Suhr erkundigt sich nach dem Aufbau von so genannten POPs (Points of presence) und Verteilerkästen. Von den POPs sind laut Herrn Braetsch für das geplante Polygon in der Gemeinde Drochtersen 1-2 Stück vorgesehen. Dabei handelt es sich um etwa garagengroße Container, die die aktive Technik für die Glasfaserleitungen beinhalten. Hinzu kommen übliche  reine Verteilerkästen, wie man sie auch von der EWE bzw. der Telekom in der Gemeinde schon kennt. Deren Standort/e wären ebenfalls mit der Gemeinde Drochtersen abzustimmen.
Nachdem Herr Braetsch den Sitzungsraum verlassen hat, wird seitens des Ausschusses weiter diskutiert.
Das Ausschussmitglied Klaus Tiedemann spricht sich für einen Kooperationsvertrag mit der Deutschen Glasfaser aus, zumal Konkurrenz das Geschäft belebt. Seiner Meinung nach wirkt die EWE beim weiteren Ausbau eher träge.
Auch das Ausschussmitglied Kai Schildt spricht sich für eine Kooperation aus. Bei den anstehenden Förderprojekten kann sich die Gemeinde so auch vermehrt für die weiteren, mit Breitband schwach versorgten Gebiete innerhalb der Gemeinde einsetzen.
Bernd Mattern vermutet einen Haken beim Abschluss eines Kooperationsvertrages. Herr Braetsch hat dazu erläutert, dass diese Vereinbarung mit der langen Laufzeit auch benötigt wird, um Kredite von den Banken zu bekommen, auch wenn bereits ohne Kredite erhebliche Mittel für den Ausbau zur Verfügung stehen. Laut Herrn Mattern investieren Banken selten in Wagniskapital.
Herr Krüger antwortet, dass mit der im Entwurf vorliegenden Kooperationsvereinbarung vorrangig das Nutzungsrecht über die Laufzeit von 30 Jahren zugunsten der Deutschen Glasfaser gesichert wird, der Kooperationsgedanke jedoch ebenfalls im Vordergrund steht. Für jede kleinere Baumaßnahme ist dann, wie auch sonst im öffentlichen Raum üblich, beispielsweise eine Aufgrabungsanzeige etc. erforderlich.
Herr Krüger erklärt weiterhin, dass das Telekommunikationsgesetz (TKG) eine solche Vereinbarung, wie sie von der Deutschen Glasfaser gewünscht  wird, nicht zwingend abzuschließen ist. Sie wird aber von ihm empfohlen, um den Kooperationsgedanken zu unterstreichen. Auch Herr Eckhoff befürwortet eine solche Vereinbarung, da z.B. bei der Bedarfsermittlung durch das Team der Deutschen Glasfaser bei den Haustürbesuchen eine ganz andere Wirkung auf die Einwohner erzielt wird, wenn das Team als Kooperationspartner der Gemeinde unterwegs ist. Diese Erfahrungen haben sich auch in der Vergangenheit bei der Erstellung von Straßenplänen gezeigt, die von Sponsoren (Betrieben aus der Gemeinde) finanziert wurden. Die Skepsis gegenüber dem beworbenen Produkt ist so wesentlich geringer.
Herr Mehlis gibt zu bedenken, dass die größte Schwierigkeit bei der Umsetzung des Projektes darin liegt, die Stadt Stade als Kooperationspartner der Deutschen Glasfaser zu überzeugen, da ohne deren Mitarbeit das Projekt in der Gemeinde Drochtersen gar nicht erst begonnen wird.

Beschluss

Der Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Personal empfiehlt dem Verwaltungsausschuss zu beschließen, eine Kooperationsvereinbarung mit dem Ziel des eigenwirtschaftlichen Breitbandausbaus mit der Deutsche Glasfaser Business GmbH abzuschließen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0 , Enthaltungen: 0

Datenstand vom 12.06.2019 08:09 Uhr