Optimierung der Abwasserreinigungsanlage Drochtersen


Daten angezeigt aus Sitzung:  11/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr, 18.06.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Ausschuss für Bau und Verkehr 11/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr 18.06.2019 ö 4

Sachverhalt

Der Verwaltungsausschuss hat in seiner Sitzung am 28.09.2016 die Freigabe der Planungsschritte 1 - 3 zur erforderlichen Optimierung der Abwasserreinigungsanlage Drochtersen (ARA Drochtersen) einstimmig beschlossen. Die Investitionskosten wurden 2016 auf 2.700.000,00 € netto inklusiv Baunebenkosten geschätzt.

Von der EWE Wasser GmbH wurden die Planungsleistungen ausgeschrieben und an ein Ingenieurbüro vergeben und von diesem durchgeführt.

Zwischenzeitlich wurde von der Verwaltung die Möglichkeit zum Erhalt von Fördermitteln geprüft.
Weiterhin wurde die Möglichkeit des Anschlusses der ARA Drochtersen an die ebenfalls zu optimierende ARA Hemmoor mittels einer Druckrohrleitung geprüft, aber angesichts der zu hohen Investitionskosten verworfen.
Auch der Zusammenschluss der ARA Nordkehdingen und der ARA Drochtersen wurde geprüft und auf Grund rückläufiger Einwohnergleichwerte in Nordkehdingen und dort gerade getätigter Investitionen verworfen.
Von der EWE Wasser GmbH bzw. dem von dort mit der LPH 1 - 3 beauftragten Ingenieurbüro wurden 2 Optimierungsvarianten ausgearbeitet.
Aus dem Anschreiben und den Variantenplänen (Anlage) sind erhebliche Kostensteigerungen für die Optimierung zu erkennen. Die EWE Wasser GmbH wird hierzu in der Sitzung die Varianten erläutern und die Notwendigkeit der Beauftragung der LPH 4 an das planende Ingenieurbüro darstellen.

Beschlussempfehlung

Der Ausschuss für Bau und Verkehr empfiehlt dem Verwaltungsausschuss zu beschließen, dem Antrag der EWE Wasser GmbH auf die Freigabe der Beauftragung der Planungskosten für die Entwurfsplanung stattzugeben.

Diskussionsverlauf

Der Ausschussvorsitzende Matthias König leitet die Beratungen ein und begrüßt Herrn Dr. Benz und Herrn Fettköter von der EWE. Herr Dr. Benz bedankt sich für die kurzfristige Terminfindung und erläutert die Details zu den Ausbauvarianten und Mehrkosten anhand einer Präsentation, die dem Tagesordnungspunkt als Anlage beigefügt ist. Festzuhalten und unstrittig bleibt, dass Investitionen in die Anlage notwendig sind, um den Dimensionen gerecht zu werden. Die hydraulische Belastung der Nachklärung ist kritisch, wenn große Stöße kommen. Der Schlamm muss sich absetzen, damit das Wasser an der Oberfläche abgezogen werden kann. Da der Schlamm hier sehr flüssig ist, kann er nur mit einem Schlauch und Tankwagen abgefahren werden. Aufgrund des hohen Kupfergehalts muss die Entsorgung über eine Verbrennungsanlage erfolgen, was mit hohen Kosten verbunden ist.

Herr Dr. Benz erläutert die Belastungswerte der Anlage. Die Parameter zum chemischen und biologischen Sauerstoffbedarf werden in Einwohnerwerten gerechnet. Mit Blick auf die Entwicklung der Bau- und Gewerbegebiete werden sich die Einwohnerwerte auf 11.500 erhöhen, darauf muss die Anlage ausgelegt werden. Bei der Überschreitung von 10.000 Einwohnerwerten rutscht die Anlage gem. Abwasserverordnung in die nächste Größenklasse, wodurch andere Überwachungswerte in % resultieren. Es werden laut Herrn Dr. Benz keine beliebig großen Maßnahmen durchgeführt, sodass jeder Frachtfall erfasst werden könnte. Es gibt die sogenannte „4-aus-5-Regelung“, wonach von 5 aufeinanderfolgenden Messungen 4 eingehalten werden müssen, daher der 85 %-Wert.

Zu den Mehrkosten führt Herr Dr. Benz aus, dass mehr Volumen in der Belebung benötigt wird, ebenso wie eine Pfahlgründung aufgrund eines Baugrundgutachtens. Eine Überleitung nach Hemmoor mit einer 19 km langen Druckrohrleitung wurde aufgrund eines Investitionsvolumens von rd. 5 Mio. € zzgl. nötiger Investitionen auf der Anlage in Drochtersen aus den Planungen verworfen.

Im Anschluss erläutert Herr Dr. Benz die beiden Varianten zum Ausbau der Anlage. Bei der ersten  Variante (Erweiterung des bestehenden Verfahrens) wurden Kosten in Höhe von rd. 6,9 Mio. € geschätzt. Hierin ist ein Faktor für Unvorhergesehenes enthalten, da die Ausschreibungsergebnisse zurzeit stark ansteigen. Bei der zweiten Variante würden weniger bauliche Maßnahmen umgesetzt werden, als bei der ersten. In einem Faulturm könnte eine Schlammstabilisierung über Bakterien anaerob erfolgen und ein Teil der Energie zurückgewonnen werden. Bei der komplexeren Variante wäre der Personaleinsatz etwas höher, während das anaerobe Verfahren wohlmöglich durch die NBank förderfähig wäre. Hier wird mit Kosten in Höhe von rd. 7,7 Mio. € gerechnet.

Das Ausschussmitglied Wilfried Barwig bezieht sich auf die geprüften Alternativen und erfragt, ob eine Abführung in Richtung Stade möglich wäre (nicht im Gebiet der EWE). Es wäre unverhältnismäßig, wenn die Drochterser Einwohner eine deutlich höhere Gebühr zahlen würden, als die Einwohner der Hansestadt Stade. Laut Herrn Dr. Benz wird und wurde die zu kleine Anlage mit Mitteln der Ablaufwertüberschreitung betrieben. Eine Prüfung von Alternativen durch die Gemeinde sei legitim, mit Blick auf die auslaufende Einleitererlaubnis müsse man der Unteren Wasserbehörde jedoch aufzeigen, dass man an den Planungen dran bleibt. Auf Nachfrage des Ausschussmitgliedes Wilfried Barwig erläutert Herr Dr. Benz, dass im Vertrag zwischen der EWE und der Gemeinde Kündigungsfristen genannt sind.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Schütt schließt sich den Ausführungen seines  Vorredners hinsichtlich der immens hohen Mehrkosten an und hält fest, dass der Gemeinde Drochtersen keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Es sei von hoher Priorität, zukünftig moderate Gebührenhaushalte für die Bürgerinnen und Bürger aufzustellen. Herr Dr. Benz führt aus, dass die Kosten, die jetzt berechnet wurden, nicht mehr den gleichen Inhalt haben, wie die Planungen aus dem Jahr 2016. Mit genauer Prüfung der Fracht kam weiterer Handlungsbedarf zu tage. Auf Nachfrage erklärt Herr Dr. Benz, dass ein kleiner Spielraum (wohlmöglich an der Nachkommastelle) in Bezug auf die Abschreibungsdauer vorhanden sein könnte .

Der Bürgermeister Mike Eckhoff fasst zusammen, dass in Bezug auf die auslaufende Einleitererlaubnis Ende 2019 der Unteren Wasserbehörde Perspektiven aufgezeigt werden müssen. Man könne unabhängig von der EWE das Gespräch mit der AES und dem AZV suchen, ob grundsätzlich die Möglichkeit einer Zusammenarbeit besteht. Die ARA Drochtersen einschl. Leitungssystem befinden sich nicht im Eigentum der Gemeinde Drochtersen, die finanziellen Auswirkungen nicht nur in Bezug auf bauliche Maßnahmen sind zu bedenken. Das Ausschussmitglied Wilfried Barwig sichert eine zeitnahe Rückmeldung mit Blick auf den AZV/die AES zu, sobald er sich mit Frau Meyer als Geschäftsführerin der AES abstimmen kann. Anders als bei der Zuführung nach Hemmoor müsse bei der Lösung mit dem AZV eine deutlich kürzere Strecke zurückgelegt werden. Das Leitungssystem des AZV beginnt ungefähr auf Höhe des Postkutschenweges.

Herr Dr. Benz erläutert auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Matthias König, dass die höheren Kupferwerte im Klärschlamm auf die Calcit-Lösefähigkeit im Trinkwasser zurückzuführen sind. Diese Thematik gibt es nicht nur in Drochtersen. Herr Fettköter fügt hinzu, dass sich die Werte nach dem Wasserwerkswechsel etwas verschlechtert haben.

Zuletzt fasst der Bürgermeister Mike Eckhoff zusammen, dass eine Prüfung mit dem AZV/der AES noch vor der Sommerpause erfolgen könnte, sodass eine weitere Zusammenkunft des Ausschusses für Bau und Verkehr gegen Ende der Sommerferien möglich wäre.

Beschluss

Der Ausschuss für Bau und Verkehr beschließt, die Verwaltung mit der Prüfung der Aufnahme des Abwassers durch den Abwasserzweckverband, bzw. die Abwasserentsorgung Stade zu beauftragen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0 , Enthaltungen: 0

Datenstand vom 22.08.2019 17:07 Uhr