Novellierung des Nds. Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege (NKiTaG)


Daten angezeigt aus Sitzung:  14/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Familie, Soziales, Kultur und Sport, 26.05.2021

Beratungsreihenfolge

Sachverhalt

Die Niedersächsische Landesregierung hat am 09.03.2021 den „Gesetzentwurf zur Neugestaltung des niedersächsischen Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagepflege“ in den Landtag eingebracht (vgl. Drucksache 18/8713).
Mit dem neuen Gesetzentwurf sollen nach Auffassung der Landesregierung aktuelle Qualitätsstandards und die dauerhafte Finanzierung der Kindertagespflege landesgesetzlich festgeschrieben werden. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag soll fortgeschrieben und auf die Kindertagespflege erstreckt werden. Hiermit soll das Ziel verfolgt werden, Kindertagesstätten mit bestimmten Qualitätsstandards zu etablieren.
Darüber hinaus soll der gesetzliche Fachkräftekatalog des pädagogischen Betreuungspersonals erweitert werden. So sollen dem Entwurf nach weitere Berufsgruppen als pädagogische Fachkräfte erfasst werden, z. B. staatlich anerkannte Kindheitspädagoginnen und staatlich anerkannte Kindheitspädagogen, staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und staatlich anerkannte Sozialpädagogen, Absolventinnen und Absolventen pädagogischer Studiengänge mit Diplom-, Bachelor- oder Masterabschluss mit frühkindlichen Studienanteilen von 80 Credit-Points nach einjähriger hauptberuflicher praktischer Tätigkeit in einer Kindertagesstätte, Lehrkräfte mit der Befähigung zur Ausübung des Lehramtes an Grundschulen für die Tätigkeit in Hortgruppen, staatlich anerkannte Heilpädagoginnen und staatlich anerkannte Heilpädagogen
sowie staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerinnen und staatlich anerkannte Heilerziehungspfleger.
Dieser Gesetzesentwurf stößt insbesondere bei der Wohlfahrtspflege, Gewerkschaften, aber auch Elterninitiativen auf Kritik, weil es an einer Perspektive zur Einführung der dritten Betreuungskraft fehle. Die Verbände der freien Träger haben diesbezüglich die Aktion „#Abgelehnt“ ins Leben gerufen.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) hat in der beigefügten Stellungnahme gegenüber seinen Mitgliedern zum Ausdruck gebracht, dass er die Forderungen der freien Träger zwar nachvollziehen könne, diese aber nicht unterstütze. Der NSGB hält weitere gesetzliche Standards im aus seiner Sicht ohnehin schon überregulierten Segment der Kindertagesbetreuung mit den Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung nicht für vereinbar. Vielmehr wird von dort das Problem gesehen, dass die Städte und Gemeinden mit diesen Forderungen finanziell und inhaltlich noch weiter überfordert würden. Die Erfahrung zeige, dass zahlreiche Kommunen einen erheblichen Anteil der finanziellen Auswirkungen selbst zu tragen hätten.

Die Beschäftigten in den kommunalen Kindertagesstätten der Gemeinde Drochtersen zeigen sich - wie die Verbände der freien Träger - ebenfalls enttäuscht über den Gesetzesentwurf, weil er keine sichtbare Verbesserung für die Arbeit in den Kindertagesstätten bedeute. Ein entsprechendes Schreiben liegt den Fraktionen und der Gemeindeverwaltung vor. Im Rahmen der Sitzung wird Frau Holthusen, Einrichtungsleitung des Regenbogenkindergartens in Drochtersen, hierzu berichten. Die Gemeindeverwaltung wird im Anschluss daran die Möglichkeiten einer Kommune zur Einflussnahme auf das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des NKiTaG erläutern sowie einen Überblick über die in der Vergangenheit veranlassten Maßnahmen zur Sicherung von Qualitätsstandards in den Kindertagesstätten der Gemeinde Drochtersen geben.

Beschlussempfehlung

Bleibt dem Ausschuss vorbehalten.

Diskussionsverlauf

Der Bürgermeister Mike Eckhoff erläutert die eingeschränkte Einflussmöglichkeit der Gemeinde zum Nds. Gesetzgebungsverfahren. Es wurde in Abstimmung mit den Einrichtungsleitungen eine Stellungnahme über den Städte- und Gemeindebund abgegeben. Er teilt mit, dass es durchaus unterschiedliche Sichtweisen auf diese Novellierung von Arbeitgebern, Trägern der Kindertagesstätten, Eltern und Mitarbeitern gibt.
Für die Gemeinde Drochtersen berichtet der Bürgermeister über regelmäßigen Austausch zwischen der Verwaltung und den Einrichtungen, der sich insbesondere in der Corona-Situation bewährt hat.
Um dem wachsenden Personalbedarf gerecht zu werden und zur Entlastung des Personals wurden in der Vergangenheit Personal für die Hauswirtschaft, regelmäßig FSJ´ler und in jüngster Zeit zusätzliche Betreuungskräfte gem. der Richtlinie Qualität in Kitas eingestellt. Dies erfolgt jeweils in enger Absprache mit den Einrichtungen.
Es wird Frau Elke Holthusen, Einrichtungsleitung des Regenbogenkindergartens Drochtersen, das Wort erteilt.
Frau Holthusen bestätigt den guten Austausch mit der Gemeinde.
Sie berichtet, aus dem Alltag im Kindergarten.
Die Gesetzesnovelle erweckte seit Jahren die Hoffnung auf Verbesserungen in Bezug auf die Personalausstattung und der Verfügungszeiten.
Diese Erwartungen finden sich in dem vorgelegten Gesetzesentwurf nicht wieder. So wird die Vorgabe einer 3. Betreuungskraft in den Kindergartengruppen oder alternativ eine Verkleinerung der Gruppengrößen vermisst.
Der Bildungsauftrag ist mit dem Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung nicht erfüllbar. Vielmehr wird befürchtet, dass es aufgrund der Arbeitsbedingungen zukünftig noch schwerer werden wird Nachwuchskräfte zu finden.
Abschließend drückt sie noch die Dankbarkeit für die Einstellung der Haushaltskräfte in den Kindergärten aus. Dadurch wurde das vorhandene Personal erheblich entlastet.
Die Ausschussvorsitzende Frau Prott bedankt sich bei Frau Holthusen für die Ausführungen und bittet um Wortmeldungen.
Das Ausschussmitglied Cornelius van Lessen stellt fest, dass die geplante Gesetzesänderung zumindest kurzfristig keine Verbesserungen der Betreuungssituation herbeiführen wird. Insbesondere kritisiert er die geplante Möglichkeit, dass bis zu drei Plätze einer Gruppe so geteilt werden können, dass je Platz zwei Kinder an unterschiedlichen Tagen anwesend sind. Dies ist indirekt eine Vergrößerung der Gruppen.
Das Ausschussmitglied Dirk Ludewig merkt an, dass er die vorgebrachte Kritik nicht als pauschale Kritik, sondern als Kritik an der Personalsituation versteht. Diese Kritik sieht er als berechtigt. Er merkt jedoch an, dass es sich lediglich um einen Gesetzesentwurf handelt und noch in der Überarbeitung befindet.
Das Ausschussmitglied Rainer Heinsohn schließt sich den Ausführungen von Herrn Ludewig an. Er sieht die Gemeinde in der Verantwortung für die Kindergärten und mahnt jegliche Unterstützung auf kommunaler Ebene an. Er wünscht sich, dass die landesweiten Proteste Gehör finden.
Von Seiten der CDU wird der Antrag gestellt, sich der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebunds anzuschließen.
Der Bürgermeister ergänzt, dass er eine Anschluss-Stellungnahme bevorzugen würde, die dann von Seiten der Fraktionen überarbeitet eingereicht wird.
Daraufhin nimmt Herr Heinsohn seinen o.g. Antrag zurück.

Beschluss

Der Ausschuss für Familie, Soziales, Kultur und Sport beschließt, dass eine Anschluss-Stellungname von Seiten der Gemeinde ausgearbeitet und den Fraktionen zu Überarbeitung weitergeleitet wird.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0 , Enthaltungen: 0

Datenstand vom 07.06.2021 12:42 Uhr