Einführung der leistungsorientierten Bezahlung gemäß § 18 TVöD


Daten angezeigt aus Sitzung:  05/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Personal, 08.11.2017

Beratungsreihenfolge

Sachverhalt

Mit Einführung der Regelungen zur leistungsorientierten Bezahlung nach dem TVöD wurden auch in der Gemeinde Drochtersen Beratungen und Arbeiten zur Einführung des Leistungsentgeltes aufgenommen. Politische Beratungen fanden im Jahr 2007 statt, in denen seinerzeit einerseits für eine externe Beratung Mittel in Höhe von 15.000 € zur Verfügung gestellt, von denen letztlich etwa 2.500 € benötigt wurden, und andererseits über Sachstandsberichte der jeweils aktuelle Stand mitgeteilt.

2008 wurde das System zur leistungsorientierten Bezahlung in der Gemeinde Drochtersen eingeführt. Nach einer Testphase wurde dieses System optimiert und zum 1. Januar 2009 endgültig eingeführt. Bedauerlicherweise musste die Betriebliche Kommission etwa acht Monate nach der Einführung feststellen, dass eine leistungsorientierte Ausschüttung nicht durchgeführt werden kann.

Die für die Leistungsentgelte zu Verfügung stehenden Mittel wurden in der Folge nach dem „Gießkannenprinzip“ ausgeschüttet. Dies bedeutet in der Praxis, dass seitdem mit dem Dezembergehalt 6 % des Septembergehaltes (brutto) ausgezahlt werden. Die darüber hinausgehenden Mittel werden der entsprechenden Rückstellung zugeführt, die sich mit Stand von Ende 2016 auf etwa 300.000 € beläuft.

Zwischen Verwaltungsleitung und Personalrat wurde nunmehr besprochen, die Thematik möglichst im Jahr 2018 aufzugreifen und eine Lösung mit dem Ziel der Einführung gemäß der tarifvertraglichen Vorgaben herbeizuführen.

Hierfür gibt es verschiedene Ansätze. Einerseits kann das seinerzeitig eingeführte System den heutigen Erfordernissen angepasst und erneut zur Einführung gebracht werden, andererseits gibt es eine Reihe von Erkenntnissen aus den vergangenen Jahren bezüglich der Thematik, die auch dazu führen könnten, ein anderes System einführen zu wollen. Diese Fragestellungen wären inhaltlich zwischen den Beteiligten in der Betrieblichen Kommission zu klären. Als notwendig wird in jedem Falle eine externe Begleitung bei der Erarbeitung und Einführung eingestuft.

Einem der Verwaltung vorliegenden Angebot ist zu entnehmen, dass bei einer als sachgerecht bewerteten externen Begleitung Kosten in Höhe von etwa 9.000 € auf die Gemeinde zukommen würden. Seitens der Verwaltung wird empfohlen, einen entsprechenden Ansatz im Haushaltsjahr 2018 zur Verfügung zu stellen.

Beschlussempfehlung

Der Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Personal empfiehlt dem Verwaltungsausschuss zu beschließen, 9.000 € für die externe Begleitung bei der Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im Haushalt 2018 zur Verfügung zu stellen.

Diskussionsverlauf

Zu diesem Tagesordnungspunkt erklärt Herr Cornelius van Lessen seinen Standpunkt bzw. den der Fraktion der FWG. Er erläutert, dass durch die Einführung des TVöD im Jahre 2005 durch den Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Einführung der leistungsorientierten Bezahlung (LOB) geschaffen wurden. Die Gemeinde hätte unter der damaligen Leitung von Gemeindedirektor Frerichs im Jahre 2007 Zeit gehabt, eine Dienstvereinbarung zu erstellen und die Einführung der LOB zu gestalten. Hierfür wurden für das Jahr 2007 Mittel in Höhe von 15.000 € bereitgestellt, wovon lediglich 2.500 € verbraucht wurden. Seiner Meinung nach ist nicht mal erkennbar, wofür diese Mittel aufgewendet wurden. Es gab seinerzeit bis heute jedoch keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Personalrat. Nun wurde für einen Zeitraum von über 10 Jahren eine Rückstellung gebildet, die sich auf über 300.000 € bis zum Jahresende 2016 aufgebaut hat.
Herr van Lessen kritisiert, dass es in dieser Zeit nicht geschafft wurde, eine entsprechende Dienstvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Personalrat zu schließen und nun hierfür Steuergelder aufgewendet werden sollen. Es sei seiner Meinung nach nicht schwer, eine entsprechende Dienstvereinbarung von einer anderen Kommune abzuschreiben und die LOB kostengünstiger einzuführen, in dem außerdem z.B. der Bürgermeister und Personalrat für je ca. 350 € geschult werden. Zudem sei seiner Meinung nach der Anspruch auf Auszahlung der zurückgestellten 300.000 € rechtlich nicht möglich, da er bereits verjährt / verwirkt ist. Herr van Lessen nimmt diesbezüglich Bezug auf einen Aufsatz eines Dr. Rocke, aus dem seiner Auffassung nach hervorgeht, dass Ansprüche aus dem TVöD wie die Ausschüttung der LOB nur noch in dem Jahr rückwirkend möglich ist, in dem durch Ausgestaltung einer Dienstvereinbarung und Einführung von Zielsetzungen die LOB eingeführt wurde – nicht aber für Vorjahre, wie dies jetzt vorgesehen ist..
Aus den vorgenannten Gründen wird die FWG nicht bereit sein, Mittel in Höhe von 9.000 € für die Einführung der LOB bereitzustellen. Insbesondere nicht, da es seiner Meinung nach nicht rechtens ist, eine Rückstellung über 10 Jahre aufzubauen und von der zurückgestellte Summe eine rückwirkende Ausschüttung der Gelder vorzunehmen. Die Rückstellung sei aufzulösen.
Der Bürgermeister Mike Eckhoff macht deutlich, dass ihm die Vorgehensweise von Herrn van Lessen missfällt, in dem dieser auf Facebook zu diesem Thema inhaltlich völlig falsche Darstellungen macht und damit die Gemeindeverwaltung in einem falschen Licht dastehen lässt. Zum Einen handelt es sich bei der LOB nicht um „versteckte Gehaltszahlungen“, sondern um Ansprüche der Arbeitnehmer nach dem Tarifrecht (§18 TVöD). Weiterhin geht es auch nicht um 900.000 €, sondern um rund 300.000 €, auf die die Beschäftigten noch einen Anspruch haben. Zudem profitiert auch, anders als behauptet, der Bürgermeister selbst nicht von der erneuten Einführung der LOB, da Beamte bei diesem System nicht berücksichtigt werden.
Herr Eckhoff erläutert weiterhin, dass seitens des Arbeitgebers gem. TVöD grundsätzlich 6 % des jeweiligen Septembergehaltes in den Topf für die LOB einzuzahlen und an die Beschäftigten auszuschütten sind. Solange eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Personalrat zur Einführung der LOB nicht existiert, wird diese Summe seit Einführung des TVöD zur Hälfte an die Beschäftigten nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet, für die andere Hälfte wurde in jedem Jahr eine Rückstellung gebildet, die sich inzwischen bis zum Jahresende 2016 auf rund 300.000 € aufgestaut hat.
Diese Rückstellung hat den Sinn, Druck auf Arbeitgeber und Personalrat aufzubauen, um ein System zur LOB einzuführen, was nun mit Hilfe von externer Begleitung erfolgen soll. Hierfür sind die 9.000 € in den Haushalt aufzunehmen.
Zur Rechtmäßigkeit der Rückstellung fand bei der Einführung der Doppik zum Jahr 2010 die Prüfung der ersten Eröffnungsbilanz durch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Stade statt. Für die erste Eröffnungsbilanz wurde bereits die bis dahin angesammelte Summe entsprechend den vorigen Erläuterungen als Rückstellung eingestellt. Auch zu den Prüfungen der folgenden Jahresabschlüsse 2010 bis 2015 wurde jährlich die Rückstellung um die nicht ausgeschüttete Summe erhöht. Seitens des Rechnungsprüfungsamtes gab es keinerlei Beanstandungen an dieser Vorgehensweise.
Die Beschäftigten haben laut Herrn Eckhoff einen Anspruch auf Teilnahme an einem System und auf die Ausschüttung der zurückgestellten Summe. Sie dienst als Berechnungsgrundlage / Bemessungsgrundlage für das einzuführende System. Er erläutert weiterhin, dass die 2.500 € im Jahre 2007 dafür aufgewendet wurden, die so genannte Betriebliche Kommission (bestehend aus 4 Personen – je 2 vom Arbeitgeber und Personalrat, Führungskräfte und Belegschaft insgesamt) durch Externe zu schulen und bei d er damaligen Einführung einer Testphase unterstützend tätig zu sein. Diese Testphase wurde im Jahre 2009 allerdings beendet, da sie in der damaligen Ausführungsform zu keiner fairen Verteilung der bereitgestellten und gem. TVöD bereitzustellenden Gelder im Sinne aller Beschäftigten geführt hätte. Seinerzeit waren andere handelnde Personen tätig, auch im Personalrat. Auch ist bekannt, dass Herr Eckhoff zum 01.07.2015 seinen Posten als hauptamtlicher Bürgermeister aufgenommen hat und es u.a. dadurch z.B. zu einer personellen Neubesetzung seines bisherigen Postens als Fachbereichsleiter Finanzen und Personal und neuer allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters durch Herrn Krüger kam. Auch einem Bürgermeister sei laut Herrn Eckhoff eine gewisse Einarbeitungsphase einzugestehen und es mussten gerade in der Anfangszeit Prioritäten gesetzt werden, weshalb die LOB aber nun auch wieder auf die Tagesordnung genommen wurde.
Ziel soll es nun sein, ein für alle Beschäftigen einfaches und faires System der LOB für die Zukunft einzuführen womit auch die zurückgestellten Mittel möglicherweise über einen längeren Zeitraum (z.B. 5 Jahre) dann kleinteilig an die Beschäftigten ausgekehrt werden können. Bei der Einführung der LOB handelt es sich um ein komplexes System, bei dem die rund 150 Beschäftigten der Gemeindeverwaltung mitgenommen werden müssen und für deren Einführung 9.000 € seiner Meinung nach durchaus angemessen sind. Die Preise von Beraterunternehmen sollten jedem hinlänglich bekannt sein. Hier ist die Rede von ca. 5 Dienstleistungstagen, die beispielsweise für Schulung, Unterstützung bei der Einführung auch (bei rechtlichen Fragen) und z.B. einer Mitarbeiterversammlung vorzusehen wären. Die Einführung wird sicher nicht auf Grund der Komplexität nebenbei bis zum 31.12.2017 abgeschlossen sein.
Tatsächlich ist es laut Herrn Eckhoff zudem so, dass neben der Gemeinde Drochtersen auch weitere Gemeinden aus dem Landkreis Stade bisher noch keine Dienstvereinbarungen zur Einführung der LOB mit dem Personalrat geschlossen haben.
Herr van Lessen räumt nach den Ausführungen des Bürgermeisters ein, dass seine bei Facebook dargestellte Berechnung falsch war, kritisiert daraufhin aber die seiner Meinung nach unzulängliche Beschlussvorlage der Verwaltung, die eben nur falsche Schlüsse zulässt, zumal sich zwei Volljuristen ebenfalls die Vorlage durchgelesen hätten und sie genau so verstanden hätten, wie er auch. Herr van Lessen trägt weiter vor, dass Herr Eckhoff auch schon vor seiner Zeit als Bürgermeister der Allgemeine Vertreter des damaligen Bürgermeisters Hans-Wilhelm Bösch war und somit mitverantwortlich daran sei, dass über 10 Jahre keine Dienstvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Personalrat abgeschlossen wurde.
Herr Eckhoff hinterfragt anschließend, was Herr van Lessen mit den falschen Darstellungen über Facebook bezwecken möchte. Auch Ratsherren haben eine gewisse Treuepflicht sowohl der Gemeinde als auch den Beschäftigten gegenüber. Warum wird bei einer angeblich unzulänglichen Beschlussvorlage nicht Kontakt zur Verwaltung aufgenommen, um Fragestellungen zu klären? Stattdessen wird Facebook genutzt, um den Sachverhalt dann falsch darzustellen und negative Stimmung gegen die Gemeindeverwaltung zu verbreiten.
Zum Thema Verjährung / Verwirkung der Ansprüche der Beschäftigten teilt Herr Eckhoff mit, dass es gemäß § 37 TVöD aber auch Ausschlussgründe gibt, wann eine Verjährung nicht eintritt. Das Thema Verjährung kann jedoch sicherlich gerne in diesem Zusammenhang überprüft werden.
Auch das Ausschussmitglied Dr. Hannes Hatecke regt eine rechtliche Prüfung in Bezug auf die Verjährung der Rückstellung an. Zudem erkundigt er sich danach, ob die Mittel für die externe Begleitung in Höhe von 9.000 € nicht einfach aus der Rückstellung gezahlt werden können. Dem entgegnet Herr Eckhoff, dass die Beschäftigten Anspruch auf die zurückgestellten Gelder haben und die Bezahlung aus diesem Grunde nicht aus der Rückstellung getätigt werden kann.
Nach einer Verständnisfrage durch das Ausschussmitglied Rolf Suhr wird festgestellt, dass wenn das System LOB läuft, die bereitgestellten Mittel gem § 18 TVöD vollumfänglich an die Beschäftigten ausgeschüttet werden (auch wenn nur ein Teil der Beschäftigten diese Zulage erhält) und eine weitere Aufstockung der Rückstellung somit nicht mehr erfolgt. Die Rückstellung soll voraussichtlich, wie bereits zuvor dargestellt, über mehrere Jahre in Anspruch genommen, also durch Ausschüttung abgebaut werden.
Der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Michael Krüger, teilt mit, dass die Beschlussvorlage von ihm erstellt wurde. Ihm war es wichtig, darin darzustellen, dass Mittel für die Einführung der LOB benötigt werden, da die Einführung für die Beschäftigten wichtig ist und eine große Signalwirkung haben kann. Er stellt klar, dass es in der Vorlage vorrangig um die Bereitstellung von Mitteln für die externe Begleitung bei der Einführung der LOB geht. Es geht hierbei nicht um die Verteilung der gebildeten Rückstellung deren Verwendung bei der Einführung aber mit behandelt werden soll.
Das Ausschussmitglied Dieter Middeke verdeutlicht, dass es sich bei dem Leistungsentgelt um eine über die „normalen Aufgaben“ hinausgehende Leistungsanerkennung handelt und spricht aus eigener Erfahrung von einem sehr komplizierten System, welches durchaus rechtliche Unsicherheiten birgt. Selbst wenn jetzt in den vergangenen 10 Jahren keine Dienstvereinbarung geschlossen wurde, ist das Thema nun erneut aufgegriffen worden und soll für die Zukunft geregelt werden. Hierfür sind 9.000 € durchaus angemessen und daher bereitzustellen. Er kritisiert zudem die Art und Weise der Darstellungen durch Herrn van Lessen auf Facebook.
Frau Margarethe Petersen kritisiert ebenfalls scharf die unzutreffenden Facebook-Veröffentlichungen durch Herrn van Lessen und vermisst dabei jegliche Sensibilität gegenüber dem Bürgermeister und den Beschäftigten der Gemeindeverwaltung. Zudem verweist sie auf die geprüften Jahresabschlüsse/Bilanzen, bei denen zu keiner Zeit die Bildung der Rückstellung für die LOB seitens der Prüfer bemängelt wurde. Die CDU-Fraktion wird dem Beschlussvorschlag folgen. Sie weist zudem darauf hin, dass es mit der Schulung der betrieblichen Kommission, wie von Herrn van Lessen als ausreichend empfunden, keineswegs getan ist. Bei einer solchen, für alle Beschäftigten wichtigen Einführung eines komplexen Systems, müssen auch alle Beschäftigten mitgenommen werden.
Herr Eckhoff ergänzt, dass selbst wenn die Rückstellung tatsächlich verjährt wäre, das System dennoch eingeführt werden sollte und dafür Mittel für die externe Beratung benötigt werden. Es müssten dann 20-25 Führungskräfte geschult werden. Diskussionen müssen während der Einführungsphase geführt werden, wobei dann auch eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden kann.
Das Ausschussmitglied van Lessen macht im Namen der FWG deutlich, dass die FWG dem Beschlussvorschlag nicht zustimmt, solange aus seiner Sicht nicht geklärt ist, ob die gebildete Rückstellung zulässig ist und der Auszahlungsanspruch der Beschäftigten nicht auch schon verfallen ist.

Beschluss

Der Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Personal empfiehlt dem Verwaltungsausschuss zu beschließen, 9.000 € für die externe Begleitung bei der Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im Haushalt 2018 zur Verfügung zu stellen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 2 , Enthaltungen: 0

Datenstand vom 15.11.2017 08:22 Uhr