Informationen zu Forderungen, Wertberichtigungen und Abschreibungen auf Forderungen


Daten angezeigt aus Sitzung:  06/2016-2021. Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Personal, 20.02.2018

Beratungsreihenfolge

Sachverhalt

Im Nachgang zu den Beratungen des Jahresabschlusses 2015 gab es zu den Forderungspositionen Nachfragebedarf. Dieser war in der Folge auch gepaart mit einem Austausch zwischen den Fraktionsvorsitzenden bzw. finanzpolitischen Sprechern der Fraktionen und der Verwaltung zum Umgang der Gemeinde mit offenen Forderungen. Zuletzt gab es im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2018 einen Austausch zu den Abschreibungspositionen auf Forderungen, die unter der Nr. 16 auf Seite 16 des Haushaltsplanes tabellarisch abgebildet sind. Im Dezember 2017 gab es seitens der FWG-Fraktion weitere Nachfragen.
Bereits im vergangenen Jahr wurde seitens der Verwaltung mehrfach mitgeteilt, dass die Beratungen zum Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2016 zum Anlass genommen werden sollen, über die Forderungen, Wertberichtigungen und auch Abschreibungen gesondert zu informieren.
Im Rahmen der Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt werden seitens der Verwaltung Informationen gegeben und Erläuterungen erfolgen. Zudem werden die allgemeinen und speziellen Fragestellungen, insbesondere auch mit Blick auf die Nachfragen der FWG-Fraktion, beantwortet.
Für die inhaltliche Vorbereitung werden als Anlagen die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt:

-        Übersicht über die öffentlich-rechtlichen Forderungen aus dem Jahresabschluss 2016,
-        Übersicht über die Rechnungsergebnisse der Abschreibungen auf Forderungen im Jahr 2016 aus dem Haushaltsplan für das Jahr 2018 und
-        E-Mail der FWG-Fraktion vom 14. Dezember 2017.

Diskussionsverlauf

Herr Krüger erklärt einleitend, dass die Thematik bereits mehrfach zu nachvollziehbaren Nachfragen, zuletzt im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2018, geführt hat. Auslöser waren zuletzt die als Rechnungsergebnis 2016 dargestellten Abschreibungen auf Forderungen auf Seite 16 des Haushaltsplanes 2018.
Diese Buchungen und deren Auswirkungen werden anschließend ausführlich durch Herrn Krüger erläutert:
Auf Hinweis des Rechnungsprüfungsamtes bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2014 wurden für die Jahre 2015 und 2016 diverse befristete Niederschlagungen (werden in der Finanzwesensoftware wie Einzelwertberichtigungen gebucht)  nach Prüfung auf „unbefristet“ umgesetzt, was eine Umbuchung innerhalb der Abschreibungen auslöste. Dadurch sind im Wesentlichen die erheblichen Minderaufwendungen bei der Einzelwertberichtigung (Abgang befristete Niederschlagungen) und die erheblichen Mehraufwendungen bei der Abschreibung auf Forderungen (Zugang unbefristete Niederschlagungen) entstanden.
Diese Umbuchungen führen zu keiner Veränderung der Bilanz oder der Ergebnisrechnung, da sie nur interne Umsetzungen innerhalb der Forderungen bzw. innerhalb der Abschreibungen bedeuten.
Auch nach der Abschreibung der Forderung in der Bilanz erlischt der Forderungsanspruch nicht. Dies ist erst mit Verjährung der Forderung der Fall. Einer Verjährung wird allerdings u.a. durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, Mahnung, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Vollstreckung oder z.B. Anmeldung zum Insolvenzverfahren entgegengewirkt.
Betroffen von den im Haushaltsjahr 2016 erfolgten Umbuchungen sind ausnahmslos „Altfälle“, deren Forderungen (Wert) zu rund 95 % bzw. deren befristete Niederschlagungen bereits länger als 10 Jahre bestehen. Es handelt sich dabei nicht um Forderungen aus dem Jahr 2016 selbst.
Anhand eines Beispiels erläutert Herr Krüger den Werdegang einer offenen Forderung (z.B. Erstellung Gewerbesteuerbescheid) bis zu einer unbefristeten Niederschlagung. Wird die Gewerbesteuerforderung aus dem Jahr A nicht gezahlt, findet im Jahr B eine interne Prüfung der Werthaltigkeit der Forderung statt. Wird festgestellt, dass die Forderung nicht werthaltig ist (z.B. Mahnung/Vollstreckung fruchtlos, Insolvenzverfahren etc.), wird eine so genannte Einzelwertberichtigung der Forderung in Form einer negativen Forderung (gesondertes Forderungskonto) in Höhe der nicht einbringbaren Forderung seitens der Gemeindekasse vorgenommen. In diesem Moment (Jahr B) entsteht auch ein Abschreibungsaufwand.
Bleibt der Sachverhalt unverändert, so ist nach einer gewissen Zeit über eine unbefristete Niederschlagung der uneinbringlichen Forderung durch das jeweils zuständige Organ (je nach Wertgrenze Bürgermeister, Verwaltungsausschuss oder Gemeinderat) zu entscheiden. Ein Beschluss wird für das Beispiel vorausgesetzt (beispielhaft im Jahr C). Dazu wird zunächst das gesonderte negative Forderungskonto mit einem negativen Abschreibungsaufwand (entspricht einem Ertrag) in Höhe der beschlossen Niederschlagung wieder auf 0 gesetzt. Anschließend erfolgt dann die unbefristete Niederschlagung. Dazu wird das ursprüngliche Forderungskonto (nicht das gesonderte negative Forderungskonto) in Höhe der beschlossenen unbefristeten Niederschlagungssumme gemindert, was gleichzeitig zu einem neuen Abschreibungsaufwand führt.

Im Ergebnis gleichen sich die Umbuchungen auf den Forderungskonten wie auch die Umbuchungen bei den Abschreibungsaufwendungen aus, so dass es im Jahr C im Saldo zu keinen Veränderungen in der Bilanz bei den Forderungen bzw. in der Ergebnisrechnung bei den Abschreibungen kommt.
Diese Umbuchungen haben im Wesentlichen im Jahr 2016 auf Anraten des Rechnungsprüfungsamtes (wie oben beschrieben) zu dem im Haushaltsplan 2018 auf S. 16  erwähnten Rechnungsergebnis bei den Abschreibungen auf Forderungen geführt. Ebenso wurden diese Veränderungen u.a. tabellarisch im Jahresabschluss 2016 ab S. 16 dargestellt.
Auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Kai Schildt, ob der „Zwischenschritt“ mit der gesonderten Buchung der Einzelwertberichtigung auf ein negatives Forderungskonto notwendig ist, teilt Herr Possel mit, dass dies u.a. aus Gründen der Bilanzklarheit so vorgeschrieben ist und auch jährlich im Rahmen der Jahresabschlussprüfung vom Rechnungsprüfungsamt kontrolliert wird.
Nachträgliche Ergänzung im Protokoll: Der verbindlich von der Gemeinde Drochtersen anzuwendende Niedersächsische Kontenrahmenplan weist zudem explizit gesonderte zu bebuchende Konten (sowohl bei den Forderungen als auch bei den Abschreibungen) für die Wertberichtigung aus.
Da es sich bei den Umbuchungen ausschließlich um Altfälle handelt erkundigt sich das Ausschussmitglied Rolf Suhr danach, warum nicht schon vorher diese Umbuchungen erfolgt sind. Herr Krüger erklärt dazu, dass die bisherige Vorgehensweise nicht grundlegend verkehrt war, zumal im Saldo sowohl die Bilanz als auch die Ergebnisrechnung gleiche Werte ausgegeben haben. Das Rechnungsprüfungsamt hat aber, wie bereits beschrieben, auf die Abschreibung der betroffenen Forderungen in Form von unbefristeten Niederschlagungen hingewiesen, was in den Jahren 2015 und 2016 durch die Gemeindeverwaltung umgesetzt wurde. Die bislang zulässige Vorgehensweise wurde überdacht und abgeändert.
Auf Nachfrage des Ausschussmitgliedes Dieter Middeke erklärt Herr Possel, dass der Gemeindekasse auch abgeschriebene bzw. unbefristet niedergeschlagene Forderungen in der Finanzwesensoftware als Rückstände angezeigt werden und daher auch weiter verfolgt werden können.
Frau Petersen stellt als Kernaussage fest, dass diese Umbuchungen nach dem Grundsatz der Bilanzklarheit erforderlich waren und die Ansprüche auf Zahlung der Forderungen gegenüber den Schuldnern dadurch nicht verfallen.
Abschließend werden die Fragen aus der E-Mail vom 14.12.2017 des Fraktionsvorsitzenden der FWG, Herrn van Lessen, in Bezug auf die Seite 16 des Haushaltsplanes 2018 durch Herrn Krüger beantwortet:
Frage 1:
Welcher Art sind die „sonstigen Abschreibungen auf Forderungen“ in Höhe von ca. 10.000 €?
Antwort:
Kindergartengebühren (incl. Vorschule, Hort und Mittagessen)        3.714,10 €
Abwassergebühren        4.573,64 €
Fäkalschlamm        1.750,16 €        
       10.037,90 €

Frage2:
Warum konnten Grundsteuern in Höhe von ca. 25.000 € nicht beigetrieben werden?
Antwort:
Hier handelt es sich um Altfälle, die auch aufgrund älterer politischer Beschlüsse niedergeschlagen wurden (z.B. fruchtlose Pfändungen). Vollstreckung/Beitreibung war also bereits in älterer Vergangenheit erfolglos.

Frage 3:
Sind die Gewerbebetriebe, die Gewerbesteuern schulden, insolvent geworden? Wurde Durchgriffshaftung auf die Geschäftsführung geprüft bzw. durchgesetzt?
Antwort:
Beim Großteil der Fälle lagen fruchtlose Pfändungen vor (zum Teil war Insolvenz mangels Masse nicht möglich). Einen weiteren wesentlichen Anteil der abgeschriebenen Forderungen decken Insolvenzen ab. Zu einem kleineren Anteil gehören Fälle, die aufgrund eines Wegzugs („unbekannt verzogen“ oder ins Ausland) oder durch Tod nicht weiter verfolgt werden konnten.
Die Durchgriffshaftung ist gesetzlich nicht geregelt (wurde in Rechtsprechung und Literatur entwickelt). Auf welcher Grundlage sie steht ist umstritten. Bisher wurde sie nicht geprüft bzw. angewandt. Die Gemeindeverwaltung steht der Möglichkeit der Durchgriffshaftung aber offen gegenüber.

Frage 4:
Welche Möglichkeiten bestehen, Hundehalter zur Zahlung der Hundesteuer zu veranlassen
Antwort:
Bescheid -> Mahnung -> Vollstreckung

Frage 5:
Was verbirgt sich hinter „Abschreibungen auf Mieten und Pachten“ in Höhe von ca. 40.700 €?
Antwort:
Benutzungsgebühren Obdachlosenunterkünfte        21.946,71 €
Pacht Campingplatz        6.460,23 €
Verpflegungskosten Altenheim (aus 1988 – damalige Trägerschaft Gemeinde)        8.535,61 €
       40.653,12 €

Frage 6:
Welcher Zeitraum liegt den abgeschriebenen Forderungen zugrunde?
Antwort:
1986 bis 2013. Die Masse (>95%) ist älter als 10 Jahre.

Frage 7:
Wurde bezogen auf alle Forderungen auch Erbenhaftung geprüft?
Antwort:
Das kann für alle Altfälle nicht vollständig bestätigt werden, wohl aber für Fälle der letzten 10 Jahre. Z.B. werden Erben zur Zahlung herangezogen, die die Rückstände grundsätzlich auch zahlen.

Frage 8:
Bedeutet Abschreibung, dass die Forderungen nur vorübergehend nicht beigetrieben werden können oder sind sie endgültig verloren? Was hat die Verwaltung veranlasst, einer Verjährung entgegenzuwirken?
Antwort:
Wiederholung aus dem Diskussionsverlauf:
Auch nach der Abschreibung der Forderung in der Bilanz erlischt der Forderungsanspruch nicht. Dies ist erst mit Verjährung der Forderung der Fall. Einer Verjährung wird allerdings u.a. durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, Mahnung, Stundung, Aussetzung der Vollziehung,  Vollstreckung oder z.B. Anmeldung zum Insolvenzverfahren entgegengewirkt.

Datenstand vom 26.02.2018 08:13 Uhr